Wurde die Verbindung vom Mittelzentrum in Funktionsteilung Großräschen zum Oberzentrum Cottbus vergessen?
Die Stadt Großräschen im Süden Brandenburgs ist momentan so etwas wie das Musterbeispiel für das Gelingen des Strukturwandels nach der Braunkohle. Die Entwicklung in Großräschen findet inzwischen deutschlandweit Beachtung. Bis 1990 lebte Großräschen hauptsächlich vom Bergbau, der Klinker- und der Glasindustrie. Das ist Geschichte. Heute ist Großräschen mit seinen fast neuntausend Einwohnern ein Standort, an dem sich dank vorausschauender Kommunalpolitik die touristische Entwicklung am Großräschener See mit dem Großräschener Hafen ebenso zukunftsweisend darstellt, wie die Wirtschaftskraft der Stadt, die heute wieder über dreitausend Arbeitsplätze in Industrie und Gewerbe verfügt. Landesplanerisch bildet Großräschen mit Senftenberg ein Mittelzentrum in Funktionsteilung. Das nächstgelegene Oberzentrum ist Cottbus. Großräschen ist heute eine Kleinstadt mit spürbarem Einwohnerzuzug. Mit dem Lehrbauhof der Handwerkskammer verfügt Großräschen über einen überregional wichtigen Ausbildungsstandort. Auch wenn der Bergbau nicht mehr direkt in Großräschen zu Hause, so bildet er heute immer noch die Lebensgrundlage für viele Großräschener. Standorte wie der Tagebau Welzow oder der Industriepark Schwarze Pumpe befinden sich nicht weit entfernt. Großräschen ist also auch vom bevorstehenden Strukturwandel im Zusammenhang mit dem für 2038 geplanten Braunkohleausstieg betroffen.
Nur Eines will einfach nicht gelingen, eine akzeptable Anbindung an das Lausitzer Oberzentrum Cottbus mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Der Bund plant ein deutschlandweit vertaktetes und abgestimmtes System im Öffentlichen Personenverkehr, den Deutschlandtakt. Auch das Land Brandenburg hat sich die Umsetzung des Deutschlandtaktes auf die Fahnen geschrieben. Die Wünsche des Landes Brandenburg bringt der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) als zuständige Planungsebene für den Schienenpersonennahverkehr beim Gutachter für den Deutschlandtakt ein. In der Dokumentation vom 5. Juli 2019 zum 2. Gutachterentwurf für den Deutschlandtakt heißt es auf Seite 76: „Die Knotenstruktur Lausitz weist die vom VBB gewünschten Anschlüsse auf“. Die Verbindung zwischen Großräschen und Cottbus scheint bei den vom VBB gewünschten Anschlüssen vergessen worden zu sein. Oder der lokale Blick auf die Region fehlt den Planern in Berlin. Satt einer attraktiven Reisezeit Großräschen – Cottbus von 30 Minuten bietet der Deutschlandtakt stolze 72 Minuten an.
Großräschen bliebe bei Umsetzung der aktuellen Pläne für den Deutschlandtakt dauerhaft vom Oberzentrum Cottbus abgeschnitten, zumindest mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Ist das überhaupt mit dem „Landesentwicklungsplan Hauptstadtregion“ vereinbar?
Im 2. Gutachterentwurf für den Deutschlandtakt werden Fahrgäste aus Großräschen am theoretisch möglichen Umsteigepunkt Sedlitz Ost während der Einfahrt ihren Anschlusszug nach Cottbus bei der Abfahrt beobachten können, natürlich ohne selbst die Möglichkeit zum Umstieg zu haben. Der Anschlusszug nach Cottbus wird in stündlicher Regelmäßigkeit um 1 Minute verfehlt. In der Gegenrichtung fährt der Zug nach Großräschen planmäßig zur selben Minute in Sedlitz Ost ab, in der der Zug aus Cottbus ankommt – 0 Minuten Übergang. Auch Altdöbern und das Luckaitzthal würden im Übrigen von diesem Anschluss profitieren, wenn es ihn denn endlich mal gäbe.
In der VBB-Ausschreibung für das Netz Lausitz ab 2022 ist übrigens der im Deutschlandtakt verfehlte Anschluss in Sedlitz Ost elementarer Bestandteil des Fahrplankonzepts. Nur deshalb soll der neue RE13 ab 2022 zwischen Cottbus und Senftenberg überhaupt in Sedlitz Ost halten.
Eine denkbare Lösung für den Deutschlandtakt wäre:
Die Strecke Lübbenau – Sedlitz muss endlich von 100 auf 120 km/h beschleunigt werden, ein machbares Unterfangen, welches im Zusammenhang mit dem Strukturstärkungsgesetz finanziert werden sollte.
Konkret würde dadurch im Deutschlandtakt die Linie E7 BB (in der VBB-Nummerierung der künftige RE7 Dessau – Berlin – Senftenberg) um 3-4 Minuten früher in Sedlitz Ost ankommen. Der Zug nach Cottbus (im Deutschland-Takt die Linie E 48 BB, im VBB der zukünftige RE13 Elsterwerda – Senftenberg – Cottbus) muss ab Sedlitz Ost 1 Minute später fahren. Dadurch wird in Sedlitz Ost der fehlende Anschluss hergestellt, mit einem Übergang von 4-5 Minuten.
Aus Richtung Cottbus betrachtet kann die Linie RE13 (im Deutschlandtakt als E 48 BB bezeichnet) wie im 2. Gutachterentwurf für den Deutschlandtakt geplant fahren, nur die Abfahrt des Anschlusszuges in Sedlitz Ost nach Großräschen – Lübbenau – Berlin – Dessau (E 7 BB / RE7) müsste wiederum 3 Minuten später erfolgen. 3 Minuten Übergang sollten in dieser Richtung bei bahnsteiggleichem Umsteigen ausreichend sein. Zur höheren Fahrplanstabilität im Verspätungsfall sollte allerdings auch ein zweiter Seitenbahnsteig in Großräschen errichtet werden.
PRO BAHN Lausitz hat den vorgenannten Vorschlag auch dem Land Brandenburg und der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg GmbH unterbreitet. Beim Deutschlandtakt soll es schließlich nicht um die Fortschreibung des heute nicht Machbaren gehen, sondern um ein Verkehrsangebot für die Zukunft.